documenta 12
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Die Zeitschrift der documenta 12

 

1. Das Projekt:

Während der nächsten zweieinhalb Jahre wird die documenta 12 mit mehr als 70 Redaktionen von Zeitschriften, Magazinen und Online-Medien weltweit in einen Dialog treten. Diese Partner-Zeitschriften diskutieren und reflektieren die Leitthemen und Thesen der documenta 12. Sie reagieren auf diese Thesen, spiegeln und befragen die Leitthemen mit ihrem besonderen Wissen. Die documenta fasst diese - von den Redaktionen gänzlich autonom geführten - Debatten und ihre zentralen Texte und Bilder in einer Reihe von Publikationen zusammen. Diese Zeitschrift der Zeitschriften ist eine Arena der ästhetischen Diskurse der Welt. Aus dem Dialog der Redaktionen mit der documenta 12 wächst auch ein Teil der Ausstellung in Kassel.

2. Der Leitgedanke:

Eine der zentralen Fragen einer Kunstausstellung unter den Bedingungen einer globalisierten Welt ist die nach der Vermittlung von spezifischem Wissen, von Bildern, die aus den Bedingungen eines Ortes wachsen, sie aber dennoch überschreiten. Wie findet dieses lokale Wissen in der documenta 12 seinen Niederschlag? Wie bildet es sich ab? Wie findet dieser Prozess der Übertragung statt? "Die Zeitschrift der documenta 12 setzt hier an, und zwar nicht nur als Medium der Vermittlung, sondern als Organisationsform, die der Ausstellung im Vorfeld den Boden bereitet. Sie gibt dem interessierten Publikum das Wissen an die Hand, das dieses braucht, um sich im Raum der Ausstellung kompetent und daher entspannt bewegen zu können. Zugleich ist das Machen der Zeitschrift ein Kommunikationsprozess, der Dinge zum Vorschein kommen lässt: Themenstellungen, Dringlichkeiten, Arbeiten." (Roger M. Buergel)

3. Die Beteiligten:

Die am Publikationsprojekt der documenta beteiligten Zeitschriften und Redaktionen bilden eine zentrale Schnittstelle zwischen der Produktion, der Diskussion und der Kritik von Kunst. In ihnen werden die Diskurspositionen entwickelt. Sie leisten wesentliche Vermittlungsarbeit bei deren Übersetzung und Nutzbarmachung für ein spezifisches oder ein breiteres Publikum und für die großen audiovisuellen Medien. Diese Zeitschriften sind jenes Medium, in dem sich Beziehungsstrukturen von Kunst und Theorie, Kunst und Publikum, aber auch Fragen der künstlerischen Praxis und der Theorie abbilden.
Der Dialog der Medien wird im Rahmen der documenta 12 nicht von ihrer Größe und Reichweite bestimmt, sondern von ihrer jeweiligen Relevanz. Das Projekt streut seine Aktivität von der Mikropublikation in einem kleinen Sprachraum bis hin zu transnationalen Leitmedien.

4. Die Struktur und der Ablauf:

Derzeit skizziert ein Redaktionsteam mit lokalen ExpertInnen und Redaktionen die Landkarte der Projektbeteiligten. Ab Frühjahr 2005 werden dann in "stillen Kolloquia", in elektronischen Arbeitssymposien unter Beteiligung von Herausgebern, Kritikern, Theoretikern und Künstlern, die konzeptiven und gedanklichen Leitfiguren der einzelnen Publikationen entwickelt. Jedes der im Netzwerk beteiligten Magazine diskutiert und vertieft die Themen schließlich in einer seiner Ausgaben, widmet ihnen einen Beitrag, eine Sektion, ein thematisches Heft in verschiedenen Formaten: Interviews und Essays, Features und Fictions. Die Texte und Kontexte, sowie die Diskussion in den stillen Kolloquien und in den der einzelnen Magazinen bilden das Grundmaterial der documenta-Publikationsreihe. Neben diesem Material werden aber auch für Konzept und Kontext der documenta 12 zentrale Bezugstexte in die Publikationen aufgenommen. Jede Publikation bietet somit eine allgemeine Einführung in ein Kernthema der documenta 12, einen Reader, der nicht nur einem Fachpublikum, sondern auch dem interessierten Laien Zugang zur Ausstellung verschafft. Das erste Heft der Zeitschrift der documenta 12 erscheint im Frühjahr 2006.
Die Zeitschrift wird in Deutsch und Englisch erscheinen. Darüber hinaus wird sie in einer extensiven Online-Version und über ein avanciertes Print-on-Demand System in Mutationen auch in anderen Weltsprachen wie Russisch, Chinesisch, Spanisch, Französisch oder Arabisch verfügbar sein.

5. Die Hauptziele:

Die Fragen, um die es in den Zeitschriften geht, gehören zu den die zentralen der Gegenwartskunst: Was bedeutet kulturelle Übertragung? Wie verlaufen die Grenzen zwischen den Annahmen der Theorie und der ästhetischer Praxis? Was wollen Bilder? Wie stellen sich Diskurse in vermeintlichen Zentren und in vermeintlichen Peripherien dar? Welche thematischen Schwerpunktverlagerungen und Paradigmenwechsel finden zwischen Disziplinen statt? Wie, wenn überhaupt, unterscheidet sich der Begriff der künstlerischen Arbeit von anderen?
Das Publikationsprojekt der documenta 12 ist also nachhaltig und dialogisch. In ihm geht es nicht um die Selbstreflexion der documenta 12. Es geht in ihm vielmehr darum, die Thesen der documenta 12 zu entwickeln und mit jenen zirkulierenden Ideen, welche das Reden über Kunst, auch das der Künstler international, lokal oder in einem bestimmten Kontext beeinflusst zu konfrontieren. Das Projekt hat nicht die Rolle von Diskursen in der künstlerischen Praxis zum Thema, sondern die Kunst selbst, ihre Medien, ihre Dialekte und Transformationen in verschiedenen Rollen, Regionen und Realitäten.
Ein Ziel des Projektes ist es auch, Kanäle für neue und unabhängige Vertriebsnetzwerke zu öffnen und flexible Formen translokaler Kommunikation anzuregen. Besondere Beachtung kommt dabei auch Langzeiteffekten des Projektes über die Zeit der documenta 12 hinaus zu, wie der Entwicklung von nachhaltigen Informations-netzwerken, von Datenbanken und anderen Kommunikations-werkzeugen.
Ein weiteres Ziel des Netzwerkes ist es, die Erfahrung von AutorInnen, TheoretikerInnen und KünstlerInnen sichtbar zu machen, die an der lokalen Umsetzung von Diskursen arbeiten und dieses Wissen mit dem aus anderen Situationen und Kontexten zu vergleichen. Zudem ist die Schaffung von internationalen Kooperationen über den Raum des Projektes hinaus beabsichtigt.